Darf ich vorstellen ?
Bob Gericke feierte seinen 85. Geburtstag zusammen mit uns auf dem Trip durch die Schlucht des Main Salmon.
Bob und seine Frau Betty sowie deren Söhne Dale und Bruce sind der Grund dafür, dass wir uns vor 12 Jahren einen Wildwassertraum erfüllen konnten:
Wir, dass waren damals Jörg Ottensarendt, Steffen Lindenau und ich, lernten die Gericke-Familie 1992 am Grand Canyon kennen. Damals war Bob 74 und seine Frau Betty 72. Die Truppe, mit der wir damals den Grand Canyon befuhren, ähnelte der, mit der wir 2003 den Main Salmon befuhren: Auf den ersten (und auch den zweiten) Blick gibt das Team nicht gerade das Bild ab, dass wir uns in West-Europa von einer Mannschaft machen, die ernsthafte, wochenlange Wildwassertouren ohne Kontakt zu Außenwelt unternimmt.
Aber ich kann versichern, dass die Organisation und die Durchführung der Touren mit den Gerickes mehr als perfekt sind. Das ahnt man aber nicht bis zu dem Zeitpunkt, an dem es wirklich mit dem Auto zum Bach geht: Bis dahin herrscht Chaos, das aber ab Moment der Abfahrt zum Bach umschlägt in eine phantastische Ruhe und Gelassenheit, die uns auch auf dem Salmon begleitet hat.
Die Planungen für den Salmon River begannen Anfang 2003 mit einem Anruf von Dale Gericke (Sohn von Bob), dass evtl. eine Fahrt auf dem Main Salmon geplant ist.
Schwierigste Hürde in den USA ist auf fast allen Flüssen, dass ein „Permit“ (Befahrungserlaubnis) unbedingte Vorraussetzung zur Befahrung der Bäche ist. Die meisten interessanten WW-Flüsse liegen in den USA in Nationalparks. Dort herrschen die Ranger ! Achtung, können bissig sein !
(Wie man an ein Permit kommt: siehe unter Befahrungs-Tipps)
Schnell war geklärt, dass leider aufgrund von Familienurlauben die Mitfahrer von 1992 nicht wieder zusammen kommen würden. So bestand die “deutsche Crew” dieses Jahr aus Rolf Kunstmann und mir. Aufgrund eines gewissen Zeitfensters (wir beide haben Familie mit drei Kindern), verblieb nur die Chance eines Kurztrips: 12 Tage; bei zwei Flugtagen und 7 Flusstagen bleibt dann nicht mehr viel „drum herum“. Danke auch hier nochmals an die amerikanischen Freunde, die alles für den Tripp organisiert haben. Wir brachten nur noch unsere Paddelausrüstung, Zelt und Schlafsack mit.
Blieb zu entscheiden, welches Boot nehmen ? Da die Flughäfen (An- und Abreise) nur mit kleinen Fliegern angeflogen werden, war schnell klar, dass auch wir ein „Gummi-Boot“ nehmen mussten (Danke Bernward für die Leihgabe !!). Was zunächst etwas an der “Ehre von ordentlichen Kajak-Fahrern“ kratzt, hat uns aber viel Spaß gemacht. Der “Grabner Outside”
war wirklich Klasse: Besonders für den Hintermann (sorry Rolf !). Wir müssen aber ehrlich zugeben, dass wir außer unseren Tagesgepäck und Fotoausrüstung alles andere auf den Rafts der Amerikaner verstaut haben. Dadurch blieb unser Boot schön leicht und wendig !
Die restlichen Boote waren ein bunter Mix: Ein großes herkömmliches Raft, ein kleineres Raft, ein Katamaran-Raft, ein Ruderboot (Nachbau der alten Grand-Canyon Ruderboote).
Und dann waren da noch ein paar Gummi-Einer, die auf die Rafts geschnallt werden und als Fun-Boote zum Einsatz kamen. Lasst das keinen Paddler aus Europa sehen; aber es funktioniert:
Nach Umfahrung der Schlucht zum Vorbringen der Autos
(allein die Tour entlang des Clearwaters ist eine Reise wert), ging es zum Salmon. Eine letzte Nacht unter den Augen einer garstigen Rangerin, die uns fast noch rauswerfen wollte, ging es auf einen 7-tägigen Traumtripp:
Die Schlucht des Salmon ist zwar nicht so spektakulär, wie die des Grand Canyon. Aber trotzdem durchschneidet man die Rocky Mountains in einem gewaltigen Tal, dass teilweise sehr schroff ist: Die ersten nicht indianischen Kundschafter (Louis & Clark) haben vor genau 200 Jahren weise entschieden, Ihren Weg nach Westen nicht durch dieses Tal zu suchen.
Bruce (der ältere Sohn von Bob) kennt den Salmon wohl so gut wie kaum jemand, da er ihn alleine mehr als 50 Mal als Raftguide kommerziell befahren hat. Hinzu kommen zahlreiche private Tripps mit Freunden und Familie:
Das entspannt die Sache natürlich sehr. Wir konnten eigentlich komplett in den Tag hinein leben, da Bruce alle WW-Stellen bis auf den letzten Fels und bei jedem Wasserstand beschreiben kann. Außerdem kennt er die schönsten Zeltplätze.
So stellte sich bei uns nach kurzer Zeit die totale Entspannung ein, die wohl nur jemand nachvollziehen kann, der schon einmal ein paar Tage ohne Kommunikation „nach außen“ gelebt hat.
Allerdings kommt man sich nicht ganz so ausgesetzt vor, wie auf manch anderem Tripp, da einige der alten Goldgräberhütten und einfachen Farmen entlang des Flusses noch zeitweise genutzt werden: Die Anreise der Bewohner geschieht dann per Jet-Boot (s.u.). Am meisten überrascht hat uns eine Berlinerin, die mitten auf dem Fluss die alte Farm von „Buckskin-Bill“ betreibt: Wir hatten alles andere erwartet, als dass uns jemand mitten in dieser Schlucht Eis verkauft und uns dann noch auf deutsch anspricht. Ihr Generator diente nicht nur für den Betrieb der Kühltruhe: Über Satelitten-Internet-Verbindung gut informiert, konnte Sie uns von der extremen Hitzewelle in Deutschland berichten. Apropos Wetter: Wir hatten bestes Sommerwetter (tagsüber ca. 25 – 30 °Celsius, nachts ca. 15 °). Geregnet hat es überhaupt nicht. Wie in vielen größeren WW-Schluchten muss man sich ab dem späten Nachmittag auf einen „flussaufwärts Fön“ einstellen, der einem ganz schön zu schaffen machen kann. Gerade die Rafts mit großer Angriffsfläche und wenig Vortrieb kann das abends sehr aufhalten.
Es macht meiner Ansicht nach wenig Sinn, die einzelnen Tagesabschnitte detailliert zu beschreiben. Wer sich genauer über die WW-Stellen oder Zeltplätze informieren will, kauft sich einfach den unten angegebenen sehr detaillierten Flussführer.
Bei dem Niedrigwasser, dass wir antrafen haben die WW-Stellen nur mäßigen Druck; fordern aber gerade den Rafts eine saubere Linie ab, da sie recht verblockt sein können.
Wir hatten einen Stecker mit einem Raft auf einem Felsen. Außer dem Verlust von reichlich Ausrüstung ist glücklicherweise nicht viel passiert. Schnell wird einem da deutlich, wie hilflos man doch mit einem Wurfsack ist, wenn mitten im Fluss ein Raft auf einem Felsen hängt, an das man praktisch nicht heran kommt. Zum Glück blies der allabendliche „flussaufwärts Fön“ gerade an diesem Tag so kräftig, dass selbst ein paar durchnässte Daunenschlafsäcke innerhalb von 2 Stunden wieder trocken waren.
Höhepunkte für uns waren die Erlebnisse mit den Freunden abseits des Flusses: Zwei Bären; eine wunderbare Wanderung; ein natürlicher Whirlpool mit genau der passenden Badewannen-Temperatur aus einer heißen Quelle; ein Otter, der so glücklich über seinen gefangenen Lachs war, dass er mich in aller Ruhe fotografieren ließ;
die Nächte unter freiem Himmel……,und dann war da natürlich noch Bob`s 85. Geburtstagsfeier: Natürlich mit gigantischen Steaks; ich denke die Amerikaner kriegen gerade mal 10 Stück aus einem Rind geschnitten !
Der Aussatzort liegt einige Meilen vor Riggins an einer großen Beton-Rampe. Kurz vorher wartet die bei diesen Wasserstand wohl heftigste WW-Stelle.
Der Abschied von den amerikanischen Freunden musste relativ schnell gehen, da wir noch eine Tagesreise im Auto zum Flugplatz vor uns hatten. Noch eine Nacht im Motel und dann ab nach Hause.
Dann noch einmal viel Glück. Kurz vor unserem Start zum Transatlantik-Flug erwähnte der Pilot, dass es ein paar Probleme mit der Stromversorgung an der Ostküste der USA gäbe. Es war der Beginn des großen Blackouts in und um New York. Wir saßen in einem der letzten Flieger, die gerade noch losfliegen durften.
Ende
Befahrungs-Tipps:
Wo fließt der Salmon ?
Der Salmon fließt „quer (von Ost nach West)“ durch Idaho. Idaho liegt im Nord-Westen der USA an der kanadischen Grenze. Die Schlucht des Salmon durchquert ein Vorgebirge der Rocky Mountains und ist eine der markantesten der nördlichen USA. Die Amerikaner dramatisieren ja immer etwas gerne: „River of no return“ (davon kenne ich aber mindestens schon 3 verschiedene in den USA).
Anreise (nur Beispiel):
Hinflug: nach Missoula (Montana). Von dort mit dem Auto zum Einsatz (Tagesreise). Die letzten 50 km sind Schotterpiste mit extremer Schlammlawinengefahr nach Regenfällen. Daher ist die Straße oft gesperrt. Über den Straßenzustand sollte man sich auf der Informationsseite des Nationalparks erkundigen (s.u.). Wir hatten Glück: Eine Schlammlawine hätte um ein Haar unseren ganzen Trip in Frage gestellt. Man kann auch nicht „ohne weiteres“ höher einsetzen, da unsere Schlammlawine eine neue WW-Stelle im Fluss geschaffen hat, die am Tag der Entstehung bestimmt mit WW V(+) einzustufen war. Das ohne „Warmfahren“ wäre für uns nicht machbar gewesen.
Rückflug: Von Spokane (Idaho)
Flussstrecke:
„Main Salmon River”: Corn Creek (mile 46,4) bis Wind River Pack Bridge (mile 127,3). Das sind ca. 130 km.
Höhendifferenz:
auf dieser Distanz: ca. 400 m (entspricht ca. 30 Promille)
Dauer:
Wir waren 7 Tage auf dem Fluss unterwegs.
Pegel:
Stark schwankend, ganzjährig befahrbar. Der Pegel hängt von der Jahreszeit und vor allen von den Schmelzwassermengen der umgebenden Berge ab. Man kann bei der Permit-Lotterie Wunschtermine angeben. Das Permit bekommt man dann aber für einen festen Starttermin. Daher kann man sich den Pegel nicht „aussuchen“. Wir fuhren bei 3.4oo cfs am Einsatz. Das ist Niedrigwasser (entspricht ca. 100 m3/s)
Schwierigkeiten:
Sind im Führer (s.u.) nach uns bekannter Einstufung (I-VI) angegeben. Bei unserem Wasserstand (s.o.): WW I – IV (+). Die markanten WW-Stellen sind im Führer beschrieben. Man hat ca. 2-3 Mal pro Tag eine schwierigere Stelle, die bei unserem Wasserstand auch zum Teil recht verblockt waren.
Alle Stellen sind zur Not mit dem Kajak zu umtragen. Keine Zwangspassagen.
Führer:
Am besten: „the Salmon, a wild and scenic river, map and Guide 1994”, United States Departement of Agriculture, grünes Heft, das man in “Flussnähe” überall kaufen kann.
Besonderheiten:
Jet-Boot-Verkehr ! Eine für uns ganz neue Erfahrung. Auf dem Fluß dürfen Jet-Boote (offene Motorboote mit Wasserstrahl-Antrieb) herumdüsen. Die Dinger schlängeln sich rasend schnell von Kehrwasser zu Kehrwasser und bewältigen alle WW-Stellen (konnte ich auch erst glauben, als ich es gesehen habe). Man muss wirklich höllisch aufpassen, da man die Boote gerade in den WW-Stellen nicht vorher hört !
1.Permit für private Trips:
Die verschiedenen Abschnitte des Salmon River (Main, ) sind nur mit einem entsprechenden Permit befahrbar. Die Nationalparkinformationen über den „Salmon-Challis National Forest“ findet man unter http://www.fs.fed.us/r4/sc/ Das entsprechenden Formular für den Antrag auf die Teilnahme bei der Permit-Lotterie findet man unter : http://www.fs.fed.us/r4/sc/recreation/4rivers/application.pdf Die Chancen in der Lotterie zu gewinnen kann man schlecht einschätzen. Wir haben zu 15 Leuten daran teilgenommen und ein Permit bekommen. Alles Peanuts zum Vergleich mit anderen Wartelisten für ein Permit (z.B. stehe ich seit 1992 auf der Permit-Warteliste des Grand Canyon und bin ca. 2007 dran).
2.Kommerzielle Trips:
Wer keine Lust auf die ganze Organisation eines privaten Trips hat (siehe Permit, Essen, Wasser, Toilettenausrüstung, Kochausrüstung und das alles gemäß den Vorschriften der Ranger), kann sich einem kommerziellen Trip anschließen. Die meisten Angebote findet man im Ort Riggins. Der liegt am Ende der Schlucht unterhalb des Aussatzpunktes. Über Preise und Qualität kann ich keine Auskunft geben. Die kommerziellen Gruppen, die wir auf dem Bach getroffen haben, machten alle einen guten Eindruck.
Zelt-Plätze (d.h. Sandbänke):
Die attraktiven Plätze kann man am Einsatz (Corn Creek) beim Ranger reservieren. Da dieses aber ein minutiöse Tripplanung voraussetzt, haben wir darauf verzichtet. Das bedeutet, dass man evtl. nicht den Platz bekommt, den man im Auge hatte. Es gibt allerdings soviel attraktive Plätze, dass dieses nicht wirklich ein Problem ist.
Lagerfeuer:
Beim Ranger erkundigen, ob man Feuer machen oder grillen darf. Auf unserem Trip waren wir von mehreren Waldbränden umgeben, die aber alle weiter entfernt waren.
Tiere:
Wir hatten Glück, und trafen auf zwei Schwarzbären, die aber weit genug von unseren Campingplätzen entfernt waren. Daher sollte man die Verhaltensmaßnahmen für „Bären in der Nähe“ beachten. Ansonsten ein paar Schlangen (Hallo Rolf !). Wir haben aber immer ohne Zelt geschlafen und uns dabei wohl gefühlt. Wer Glück hat, bekommt einen Fischotter zu sehen. Ansonsten viel „Big Horn Sheep“. Die Angler unter uns (die kann ich sowieso nicht verstehen) waren eher enttäuscht: Der „Salmon“ macht seinem Namen wenig Ehre. Da der Snake River, in den der Salmon mündet, sehr verbaut ist, finden kaum noch Lachse den Weg in den Salmon. Nur die Fischotter (siehe Foto) wissen, wie man sich welche organisiert.
Pflanzen:
„Poison Ivy“ heißt ein wirkliches Problem. Es gibt eine Menge Leute, die sehr stark allergisch auf einen Kontakt mit den Blättern reagieren. Der Ranger am Einsatz zeigt einem die Pflanze gern, die man praktisch an jeder Stelle am Ufer findet. Verhaltensregel: „If leaves are three, let them be“.
Wasser:
Zur Befüllung der Kanister: Es gibt eine natürliche Quelle etwas südl. des Abzweiges der Schotterstraße bei North Fork (zur Not im Laden von North Fork nachfragen). Der Laden ist auch ideal um den Führer (und Andenken für die Daheimgeblienenen zu kaufen !). Ansonsten scheint es ratsam, den gesamten Wasserbedarf mitzunehmen. Die Zuflüsse in den Salmon sind lt. verschiedener Auskünfte kein Trinkwasser.
Wer sonst noch Fragen hat, nimmt Kontakt auf:
husemann.fritz@husemann.de